30. Januar 2020: 27. Verhandlungstag

Ein eher kurzer Verhandlungstag, auch weil ein Zeuge unentschuldigt fehlt. Eine Zeugin berichtet über ihre Demoteilnahme am 14. September 2018 zusammen mit mehreren Angeklagten. Ein Ermittler schildert die Auswertung des Telefons des Angeklagten Martin H., dessen Kommunikation „durchweg politisch motiviert“ gewesen sei. 

Der für den Beginn der Hauptverhandlung geplante Zeuge Florian K. fehlt unentschuldigt. Daraufhin macht der Angeklagte Marcel Wa. Angaben zu seiner Person und Vita. Die Parallelen zu allen anderen Beschuldigten, die sich bisher geäußert haben: Ein lange Vorstrafenliste. Es handelt sich überwiegend um Gewaltstraftaten mit politischen Hintergrund, die Strafen dafür fielen erstaunlich gering aus.

Anschließend wird die Zeugin Sarah R. gehört. Sie war am 14. September 2018 mit Florian K. und Tim Sch. in Chemnitz unter wegs. Am Hauptbahnhof habe sie Marie K. und Jasmin L. getroffen. Sarah R. gibt an, sie habe lediglich an der Demonstration von „Pro Chemnitz“ teilgenommen. Die Teilnahme an den rassistischen Demonstrationen, aus welchen immer wieder Menschen angegriffen wurden, ist für die Zeugin nicht problematisch: „Da ist ja nix dabei.“ Später, auf der Suche nach ihrem Bekannten Tim Sch., sei sie zur Schlossteichinsel gegangen. Auf die Frage wie die Stimmung auf der Demo war, sagt die Zeugin, dass die Gruppe ein „bissl aufgeschreckt, angespannt“ gewesen sei und „die ganze Zeit Stress gesucht“ hätte. Ob es einen Wort- oder Anführer gegeben haben, wird gefragt. Die Zeugin bejaht: „Den Sten“, und zeigt auf den Angeklagten Sten E.

Der nächste Zeuge ist der LKA-Beamte Holger H. Dieser hat ein Telefon von Martin H. ausgewertet. Wieder wird deutlich, dass der Ermittlungserfolg davon abhängt, was die Beamt*innen für wichtig halten und was nicht. Der Zeuge gibt an, dass die Gewaltbereitschaft und Menschenverachtung des Martin H. sowie dessen ideologische Gefestigtheit in den Einzelchats Ausdruck findet. Die Kommunikation von Martin H. sei „durchweg politisch motiviert“ gewesen, es habe „keinen Chat ohne politischen Hintergrund“ gegeben.

Der Zeuge sagt, dass Martin H. „in ein rechtes Umfeld eingebettet“ gewesen sei. Die rechte Einstellung erschließe sich aus dem Chatnamen „Martin 88“, die „88“ stehe für „Heil Hitler“, aus  antisemitischen und rassistischen Äußerungen, aus Emojies mit Hitlergruß, den Nationalsozialismus verherrlichende Äußerungen sowie Bildern und Musik, die auf dem Telefon zu finden gewesen sei. Die Verteidigung Martin H. fragt, ob dieser, abgesehen von der Nummer des Sven We., andere Nummern von Mitangeklagten gespeichert hatte? Der Zeuge verneint dies.

Am Ende des heutigen Verhandlungstages weist der Vorsitzende Richter Schlüter-Staats Sven We. darauf hin, dass er, wenn er nicht freigesprochen werde, den psychologischen Gutachter selbst zahlen müsse. Zudem wird das für den 7. Februar 2020 angekündigte Plädoyer der Generalbundesanwaltschaft (GBA) abgesagt. Auf den Antrag der Verteidigung Christopher Wei. den Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen (LfV) Gordian Meyer-Plath noch ein mal vorzuladen, will die GBA schriftlich eingehen.